Sonntag, 12. Mai 2013

Griechenland

Griechenland ( Foto: google)


Ein Land, wo die Sterne doppelt so hell funkeln, der Mond die Nacht in seichtes Silber taucht und die Sonne Bergketten erstrahlen, das Meer glitzern und Palmen, Zitronen- und Olivenbäume in dunkles Rot tauchen lässt.
Ein Land, wo sich in der Dämmerung die Laternen der Promenade im Hafenbecken spiegeln, die Lichter ferner Städte am Horizont wabern und durch dessen wilde Berglandschaft Schafe und Ziegen getrieben werden.
Ein Land voller Fülle und Träume.
In staubigen, verwinkelten Gassen werden von alten Männern und Frauen schwer beladene Maultiere geführt, im Schatten eines Affenbrotbaumes versinkt ein Esel mit seinem Kopf in einer rostigen Tonne voller Heu. Streunende Katzen streifen durch die Hinterhöfe, Hühner werfen dunkle Schatten auf weiß gekalkte Mauern.
Ein Alter sitzt auf einem Stuhl an die Hauswand gelehnt auf der Straße, folgt dem Treiben im Hafen und lässt die Perlen seiner Gebetskette langsam durch seine knochigen Finger gleiten.
Ein kleines Fischerboot nähert sich dem Hafen. Geschäftig entwirren Fischer ihre Netze und legen diese zum trocknen auf die Promenade.
Auf dem Markt übertönen sich die Händler gegenseitig im Anbieten ihrer Ware mit ihren lauten Stimmen. Planen und große Sonnenschirme sollen vor der Hitze schützen. Am Rande des Markts tummeln sich die Zigeuner auf Ladeflächen von alten, klapprigen Pick Up’s. Eine Frau, deren Haut von staubigem Braun ist, sitzt der Sonne gnadenlos ausgeliefert auf einer Decke, den Rücken an einen Wagen gelehnt am Boden. Zwischen den Falten ihres fransigen Rocks liegt ein Säugling in Tücher gewickelt. Die bunten Farben ihres zerschlissenen Oberteils werden durch den tristen Anblick getrübt. Schuhe hat sie keine.
Ein Wagen bis obenhin beladen mit zusammengerollten Teppichen schleicht mit platten Reifen am Wasser entlang. Durch ein Megaphon preist der Albaner seine Ware an. Hinten, zwischen den Teppichen sitzt ein Junge von etwa acht Jahren. Zugleich läuft eine Luxusyacht in den Hafen ein.
Olivenhaine und Orangenplantagen säumen die Landstraße. Ein Landwirt stapelt bunte Plastikkisten, die zur Ernte dienen. Der Geruch von Benzin, Staub und Öl beißt in der Nase. Etwa 30 Meter weiter ist eine Tankstelle. Bereits 50 Meter weiter die nächste. In einer Kurve, im Schatten der Pefkas ist eine Holzhütte. Vergeblich wartet der Inhaber auf haltende Autos. Nur wenige kaufen das frische Obst und Gemüse.
Aus einem Straßen-Cafe plärrt griechische Musik. Kleine Vögel hüpfen zwischen den Stuhlbeinen umher und picken nach Krümeln. Weinranken hängen mit vollen Trauben von der Pergola, welche die Terrasse des Cafes überdacht. Ein Roller saust vorbei und wirbelt Staub auf. Die Vögel fliegen auf und lassen sich wieder nieder.
Ein Kiesstrand. Zwei Weiden stehen sich gegenüber. Eine neigt sich der Anderen zu, sie bilden einen Torbogen. Sieht man hindurch, blickt man auf kalkig, vom Wasser rund geschliffene Kiessteine, auf das Wasser selbst und schließlich auf eine Insel. Die in warmes Licht getauchten Bergketten im Hintergrund verschwinden im Nebel. Nur die scharfkantigen Konturen heben sich noch deutlich hervor. Der Sonnenball verschwindet immer mehr, hinterleuchtet mit letzter Kraft die Berge, strahlt zarte Wölkchen an, die sich zur Dämmerung gesammelt hatten. Eine Flut von Rot, Orange und Lila-Lichtstrahlen bricht sich auf dem Wasser. Alte Holzläden, dessen Farbe von der salzigen Luft längst verschlungen worden war, schließen sich. Lichter gehen an. Ein Gewebe aus funkelnden Sternen zeiht sich über den Himmel. Der Mond bleibt von der Dunkelheit verschluckt.

Raja Kraus

Keine Kommentare: